Die Weltbevölkerung wächst und dies wird dazu führen, dass wir in Zukunft mehr Lebensmittel als bisher produzieren müssen. Zusätzlich steigt das Interesse der Bevölkerung an lokal produzierten Lebensmitteln aus ökologischem Anbau, welcher mehr Umweltschutz bei der Lebensmittelproduktion verspricht. Doch ökologische Anbauformen führen im Durchschnitt zu einem Rückgang der Produktivität von über 19 % im Vergleich zu konventionellen Anbaumethoden. Kulturen wie Wurzel- und Knollengewächse verzeichnen teilweise sogar einen Ertragsrückgang von über 30 % (Ponisio et al. 2015). Ein Rückgang der Produktivität pro Fläche ist problematisch und führt dazu, dass in Zukunft mehr Flächen benötigt werden, um die Ernährungssicherung zu gewährleisten. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Biodiversität und den Artenschutz aus, da neue Flächen erschlossen werden müssen. Somit ist eine rein ökologische Landwirtschaft bei gleichbleibendem Konsumverhalten der Verbraucher nicht geeignet, um Ernährungssicherung und Umweltschutz zu gewährleisten.
Eine Möglichkeit ist es, konventionelle Landwirtschaft mit moderner Technik zu optimieren, um Ressourcen und Umwelt ausreichend zu schützen und trotzdem konstant hohe Erträge pro Fläche erwirtschaften zu können. Agrarflächen sind selten homogen und zeigen in Bezug auf Bodenqualität, Wassergehalt und Ertragserwartung häufig lokal große Unterschiede auf. Ansätze, um auf diese räumlichen Unterschiede zu reagieren, werden unter dem Begriff „Precision Farming" zusammengefasst (Stafford 2000). Precision Farming kann als teilflächenspezifisches Management von Ackerflächen verstanden werden, welche zum Ziel hat, die Wirtschaftlichkeit zu steigern und die Umweltbelastung zu reduzieren (Blackmore 2003).
Zur Entscheidungsfindung können eine Vielzahl an Daten, wie z. B. luftgestützte Aufnahmen, Wetterdaten, Bodeninformationen oder die Ertragsdaten, genutzt werden. Ziel ist es, durch die Erfassung standortspezifischer Informationen die eingesetzten Betriebsmittel zu minimieren (z. B. Saatgut, Pestizide, Dünger) und gleichzeitig gleichbleibende oder sogar höhere Erträge zu erzielen. Dies führt zu Kosteneinsparung bei den Betriebsmitteln und minimiert Schadstoffeinträge in die Umwelt. Im Idealfall wird dabei jede einzelne Nutzpflanze so gefördert, dass sie ihr Ertragspotential bestmöglich ausschöpfen kann.
In der Praxis erfolgt die Lokalisierung der Maschinen mithilfe satellitenbasierter Georeferenzierung. Im Vorhinein wird eine Bearbeitungsstrategie festgelegt, auf deren Basis eine Applikationskarte erstellt wird. Diese wird im Feld von der Maschine z. B. bei der Bodenbearbeitung, Aussaat, Düngung oder Pflanzenschutzapplikation umgesetzt. Diese Methode kann zusätzlich mit angebrachten Sensoren unterstützt oder durch diese ersetzt werden. Den standortspezifischen Behandlungen folgt die Ertragsüberwachung, welche Rückschluss darüber geben kann, ob die Arbeit erfolgreich war. Über mehrere Jahre kann so die Bearbeitung angepasst werden, um ein Optimum zwischen Ertrag und eingesetzten Betriebsmitteln zu erreichen.
Weitere Varianten von Precision Farming sind Smart Farming und Digital Farming. Beim Smart Farming wird die Entscheidungsunterstützung durch automatisierte Datenfusion und Datenmanagement ergänzt. Zusätzlich soll die Integration der Daten in Umfeld und Kontext erfolgen. Dies erleichtert Berechnungen und Analysen und hilft diese zu beschleunigen (Villa-Henriksen et al. 2020). Beim Digital Farming sollen alle Precision-Farming-Prinzipien (automatisierte Datenerfassung, teilflächenspezifische Anwendung, Flottenmanagement und autonome Maschinen) miteinander vernetzt arbeiten. Durch die Daten- und Sensorfusion der Einzelkomponente entstehen große Datenmengen, welche zu automatisierten Entscheidungen für Roboter oder Entscheidungshilfen für Landwirte führen sollen.
Trotz aller Innovationen auf dem Gebiet des Precision Farming ist noch viel Entwicklungspotential vorhanden. Die Technik ist bisher sehr teuer und lohnt sich meist nur für sehr große Betriebe. Die Entscheidungsfindung der idealen Bewirtschaftung ist nach wie vor nicht abgeschlossen und wird die Wissenschaft und Wirtschaft noch viele Jahre beschäftigen. Die vielen verschiedenen Einflussfaktoren auf den Ertrag und die unsichere oder unvollständige Datenlage (z. B. Wettervorhersage) bringen Mensch und Technik bisher an ihre Grenzen. Doch wir sind zuversichtlich, dass wir es in Zukunft schaffen werden, mithilfe moderner Technik jeder einzelnen Pflanze „nur“ das zu geben, was sie braucht.
Literaturverzeichnis:
- Blackmore, S. (2003). The role of yield maps in Precision Farming. Cranfield University.
- Ponisio, L. C., M’gonigle, L. K., Mace, K. C., Palomino, J., Valpine, P. De, & Kremen, C. (2015). Diversification practices reduce organic to conventional yield gap. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 282 (1799). doi:10.1098/rspb.2014.1396
- Stafford, J. V. (2000). Implementing precision agriculture in the 21st century. Journal of Agricultural Engineering Research, 76(3), 267–275. doi:10.1006/jaer.2000.0577
- Villa-Henriksen, A., Edwards, G. T. C., Pesonen, L. A., Green, O., & Sørensen, C. A. G. (2020). Internet of Things in arable farming: Implementation, applications, challenges and potential. Biosystems Engineering, 191, 60–84. doi:10.1016/j.biosystemseng.2019.12.013
Weitere Informationen zum Thema Landwirtschaft und Landmaschinen finden Sie in unserem Geschäftsbereich TECHLINE®.